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21.13 / Sportzentrum Witikon, Zürich-Witikon

Projektwettbewerb 2021

Planungsteam
Auftraggeberin – Amt für Hochbauten Stadt Zürich
Architektur – op-arch | Michel Baumann
Baumanagement – GMS Partner AG, Zürich
Landschaftsarchitektur – Nipkow Landschaftsarchitektur, Zürich

Bauingenieurwesen – Büro Thomas Boyle + Partner AG, Zürich
HLKKSE – Eicher-Pauli Zürich
Ingenieure Sportanlagen und Infrastruktur – Süss und Partner AG, Zürich

Visualisierung – Studio Maleta

Projektbeschrieb

Die Sportanlage ist als durchlässiges Freiraumsystem aufgebaut. Der Waldsaum mit dem von einem öffentlichen Weg begleiteten Elefantenbach bilden an der südlichen Peripherie das räumliche Rückgrat. Die Spielfelder sind in die leicht ansteigende Topographie eingebettet. Fussläufige Aufenthaltsorte und Plätze bilden eine zusammenhängende Zirkulationszone, welche sich allseitig mit dem Quartier vernetzt. Chaussierte Flächen sind von wiesenartigen Vegetationsfeldern durchsetzt. Der Bereich entlang des Waldrandes zwischen den beiden Polen der Sporthalle im Westen und dem Parkplatz im Osten wird zum freiräumlichen Haupterschliessungselement der Anlage. Der Waldboden erweitert sich als teilbewachsene Platzfläche bis an die Spielfelder und im Bereich des Parkplatzes bis an die Leichtathletikanlage. Es entsteht ein teilbeschatteter Freiraum für Aufenthalt und Beobachtung, von dem aus die Anlageninfrastrukturen und Spielfelder erreichbar sind. Sein Potential mit Sitzgelegenheiten, Grillinfrastrukturen und Erholungsbereichen für die Sporttreibenden wird gestalterisch naturnah und attraktiv umgesetzt. Zwei fussläufige Brückenschläge über den natürlichen Einschnitt des Elefantenbaches verbinden mit dem Schulhaus Looren und weiter mit dem Zentrum von Witikon. Die Geländekammer der Sportanlage wird zum angrenzenden Quartier nach Norden hin durch einen aufgelösten Vegetationsraum gefasst.

Die Sporthalle

Die Sporthalle liegt von der Quartierstrasse etwas zurückversetzt inmitten einer Platzfigur, die allseitig spezifische Nutzungen ermöglicht. Die Adressierung wird vom wertvollen Baumbestand geprägt, der in die westliche Platzfläche integriert wird, im Süden an den Waldrand anschliesst und mit seinem lebendigen Licht- und Schattenspiel eine empfangende Atmosphäre aufbaut. Die fussläufige Haupterschliessung der Anlage erfolgt über die östliche, die Vorfahrt und die Anlieferung über die westliche Platzfläche. Beidseitige Haupteingänge werden durch eine übersichtliche Rue intérieure verbunden, die von Westen nach Osten zur teilbeschatteten Platzfigur mit Restauration und freier Möblierung führt. Die beiden unmittelbar angrenzenden Spielfelder KR2 und R1 liegen auf Erdgeschosshöhe, die sportlichen Aktivitäten sind von den umliegenden Aufenthaltsplätzen gut einsehbar. Im Norden sind separate Zugänge zu den Spielergarderoben mit den aussenliegenden Schuhreinigungsanlagen angeordnet. Der Geländeversatz mit Zuschauertribüne zum höher gelegenen Football-Feld erfolgt an der nördlichen Längsseite vom Naturrasenfeld R1 und gibt auch das Niveau des mural gefassten Kunstrasenplatzes KR4 gegenüber der östlichen Stirnseite von R1 vor. Das Sporthallen-Dach wird durch seine diverse Begrünung mit Kleinstrukturen zum vielfältigen neuen Lebensraum.

Biodiversität und freiräumliche Aufenthaltsqualität als Merkmal der Sportanlage

Der Waldrand

Der ausgewachsene Waldrand soll hinsichtlich seiner vegetativen Vielfalt und Lichtverhältnisse aufgewertet werden. Die Gliederung von Aussen nach Innen in Krautsaum (Gräser, Seggen, Wiesenblumen), Strauchgürtel und Waldmantel (z.B. Weissdorn, Feldahorn, Traubenkirsche, Wildapfel, Linde) soll mit partiellen Auslichtungsmassnahmen verstärkt werden. Ein reich strukturierter Waldrand mit ändernden Licht- und Wärmeverhältnissen, trockenen, feuchten oder nassen Böden auf engstem Raum bildet ein wertvolles Biotopverbundsystem und beherbergt eine grosse Artenvielfalt. Pracht- und Bockkäfer brüten in totem Holz unterschiedlicher Sträucher und Bäume. Fledermäuse nutzen den Luftraum zur Jagd. Viele Vogelarten nisten hier und finden reichlich Nahrung. Das Thema der Waldrandzone wird bis zu den Spielfeldern gedacht, strukturell und gestalterisch jedoch den Nutzungsansprüchen für Zirkulation und Aufenthalt angepasst. Chaussierte Bereiche mit Sitzgelegenheiten und Tischen wechseln ab mit frei angeordneten Begrünungsschichten.

Trockenstandorte

Die südorientierten, trockenen Böschungen und nicht begangenen Zwischenräume der Sportanlage zeichnen sich durch eine grosse Artenvielfalt aus. Die Trockenrasengesellschaften, seltenen Orchideen wie Bienenragwurz oder Bocksriemenzunge können auf dem mageren, kalkhaltigen Boden angesiedelt werden. Wildbienen, Ameisen oder die wärmeliebenden Eidechsen und Schlangen bevorzugen sonnenexponierte, vegetationsarme Böschungen. Tagfalter, Spinnen und kleine Säugetiere beleben diese Bereiche. Sie dienen als Lebensräume und Vernetzungsachsen zum Quartier.

Platzflächen und Zirkulationszonen

Die Anlage stellt in den Randbereichen und zwischen den Spielfeldern einen ökologisch wertvollen Flächenverbund her. Die fussläufigen Zirkulations- und Aufenthaltsbereiche sind mehrheitlich chaussiert. Der mit hochstämmigen Bäumen durchsetzte Parkplatz im Osten wird mit einer durchgehenden Schotterbelagsfläche zum Trockenstandort mit artenreicher Vegetation (z.B. Spitzwegerich, Hungerblümchen, Sandkraut, Bruchkraut). Die gebäudenahen Aussenbereiche der Sporthalle weisen einen plattenförmigen Hartbelag (z.B. Ortbeton) auf.

Spielfelder

Die Organisation und Verortung der Kunst- und Naturrasenfelder erfüllen die Programmbedingungen effizient und sind auf die topografische Geländeentwicklung in Bezug zur Sporthalle und der Integration der Zuschauertribünen abgestimmt. Die Kunstrasenfelder werden über angrenzende Versickerungsmulden entwässert. Die Infrastrukturen für Trainer, Schiedsrichter und SpielerInnen sind normgemäss angeordnet. Der lärmgedämmte Geflechtstyp soll sich farblich in einem eher dunklen Ton der Umgebung des Waldes anpassen. Der barrierefreie Zugang und die Notzufahrt zu allen Spielfeldern sind gewährleistet.

Architektur und Städtebau

«Ein ökologisch vorbildliches Projekt, welches eine ausgeglichene CO2-Bilanz für die Erstellung und den Betrieb der Gebäude aufweist. Gewünscht wird ein kompaktes, einfaches, ressourcenschonendes und robustes Konstruktionssystem mit gradliniger Lastabtragung. Effiziente und suffiziente Grundrisse mit einer guten Zugänglichkeit der Haustechnikinstallationen.»

Diese aus dem Wettbewerbsprogramm zitierte Passage begleitet das Projekt von der ersten städtebaulichen Skizze bis hin zur konstruktiven Idee. Kompakt, einfach und robust sind dabei die Adjektive zur Überprüfung der getroffenen Entscheide, sowohl für die städtebaulichen wie auch die architektonischen Fragestellungen. 

Kompakt organisierter Baukörper

Der quadratische Baukörper mit einer Kantenlänge von 51.00 m ist bis zum Dachrand 14.00 m hoch. Das Sportzentrum ist so in das südwestliche freie Feld des Perimeters in die Topografie gesetzt, dass allseitig ausreichend freier Raum für die Zugänge, die Zufahrten, die Anlieferung und die Begegnungsflächen entsteht. Zwischen Baukörper und den beiden 1. Liga Spielflächen im Nordosten liegt die grosse Aufenthaltsfläche mit den beiden bestehenden Bäumen und den wichtigen Sichtbeziehungen zum Spielgeschehen. Dieser Begegnungsraum ist über die existierende Einfahrt an der Loorenstrasse und den Fussweg entlang des Stöckentobels mit dem tief eingeschnittenen Elefantenbach bestens in das bestehende Weg- und Erschliessungssystem eingebettet.  

Der kompakt organisierte Baukörper mit einem Untergeschoss erlaubt einen minimalen Fussabdruck mit minimalem Aushub. Das ebenfalls quadratische Untergeschoss, die Projektion des Erdgeschosses, bricht nur durch den hier platzierten Laufkorridor von 75 m Länge auf zwei Seiten, minimal nordwestlich und nordöstlich etwas mehr aus dem quadratischen Untergeschossgrundriss aus. Ein «canon de lumière» ist das oberirdisch sichtbare Indiz dieses unterirdischen Laufkorridors im Aussenraum der Begegnungsfläche, dem Hauptplatz des Sportzentrums im Nordosten, an den Spielfeldrändern der 1. Liga Sportplätze.

Merkmal der inneren Organisation des Baukörpers sind die breiten «Hauptstrassen» und die orthogonal abzweigenden «Gassen», vom Untergeschoss bis hin ins 2. Obergeschoss. Je zwei «Hauptstrassen» liegen exakt übereinander, Erdgeschoss und Untergeschoss von Ost nach West, das 1. und 2. Obergeschoss von Nord nach Süd. Im Kreuzungspunkt dieser beiden Hauptstrassenpaare liegt die grosse Haupttreppe. Die Konfiguration dieser hierarchisch organisierten Erschliessungsfigur ist auf allen Geschossen übersichtlich und für die unterschiedlichen Benutzergruppen jeweils direkt und gut auffindbar. 

Allseitig zugängliches Erdgeschoss

Die in Ost-West-Richtung verlaufende «Hauptstrasse» teilt das Erdgeschoss in einen nördlichen und einen südlichen Bereich. An beiden Enden der «Hauptstrasse» ermöglichen die beiden Hauptzugänge getrennte Zugänge für die jeweiligen Nutzungseinheiten.

Im Zugang West, ebenerdig und in unmittelbarer Nähe des Aufstellplatzes des Mannschaftsbusses der 1. Liga, erreichen die Spieler und die Schiedsrichter über die «Hauptstrasse» direkt ihre Garderobeneinheiten in der nördlichen Zone. Die von aussen zugänglichen Garderoben für den Laufsport liegen an der Nordwestecke, und die TSU mit Teeküche und Büro BUP an der Nordostecke. Über den Zugang Ost, direkt angrenzend an den Aussenraum, sind über die Haupttreppe die Garderobeneinheiten im Untergeschoss, die Garderoben der Turnhalle im 1. Obergeschoss und die Schülereinheit im 2. Obergeschoss mit der Tribüne für das Publikum der Sportveranstaltungen zugänglich.

Die Hauptstrasse erlaubt auch im Innern des Sportzentrums Begegnungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten mit entsprechendem Sichtbezug nach aussen. Angrenzend und vis-à-vis der Garderobeneinheiten liegen Kraftraum und Gymnastikraum, einer Typologie der «Mall» entsprechend, mit viel direktem Sichtbezug: sehen und gesehen werden! 

Das Restaurant orientiert sich zum Platz nach Osten hin und kann mittels Flügeltüren für den Sommerbetrieb der Gartenwirtschaft auf der gesamten Längsseite geöffnet werden. Zwischen der Anlieferung und der Umschlagsfläche an der Nordwestecke und der Gastroküche sind sämtliche für den Sportbetrieb notwendigen Lagerflächen ebenerdig zugänglich. 

Raumstruktur ist Tragstruktur, Tragstruktur ist Raumstruktur

Im Erdgeschoss und im Untergeschoss liegen die zwei «Hauptstrassenräume» übereinander, im 1. und 2. Obergeschoss sind die beiden «Hauptstrassenräume» ebenfalls übereinander angeordnet, aber um 90° zu der Erd- resp. Untergeschossstrasse gedreht. Am Kreuzungspunkt dieser Haupträume ist an der Nordecke die Hauptverbindungstreppe platziert; diese vereint vertikal alle Hauptstrassen. Entlang der beiden Längsseiten der Sporthalle strukturiert die schmale Raumschicht der Infrastruktur und der Stützen für die Hallenträger über alle Geschosse hinweg das Volumen von Südwest nach Nordost in drei Funktionseinheiten. Diese Raumschichten wiederum tragen mit einer regelmässigen Anordnung der Stützen durch alle Geschosse hinweg die Geschossdecken. Die Tragstruktur formt die Raumstruktur, die Raumstruktur prägt die Tragstruktur!

Hybrides Konstruktionssystem

Die jeweiligen Trag- und Konstruktionselemente sind von einer aus einer konventionellen «Ökonomie der Mittel» geprägten Anwendung: Beton, Holz und Stahl übernehmen je nach Trag- und/oder Konstruktionsanforderung die primären Lasten und minimieren gleichzeitig so sinnvoll wie nötig das Gewicht und die Kosten des Hauses. Die Wahl des für das entsprechende Material gewählten Konstruktion leitet sich aus dessen spezifischen Eigenschaften ab. Umfassungswände und Stahlbetonstützen stehen für das Untergeschoss. Im Erd- respektive in den Obergeschossen übernehmen Stahlbetonstützen mit einer Holz-Beton-Verbunddecke und in Kombination mit Brettschichtholzträgern die Lastabtragung. Die 33m langen Binder des Sporthallendaches sind aus Laubholz und mit filigranen Stahlprofilen für die Aussteifung konstruiert. Das Dach ist vollständig aus Nadelholz, mit primären und sekundären Brettschichtholzträgern, welche die grossen Lasten der ca. 60cm starken Erdüberdeckung aufnehmen. 

Schuppenfassade aus PV-Elementen

Die Schuppenfassade mit der äusseren PV-Verkleidung verleiht dem Projekt seinen Namen. In vernünftigen Abständen von ca. 2m werden die vorkonfektionierten PV-Module leicht schräg zur Vertikalen auf eine Unterkonstruktion aus Metallbändern gestellt. Diese Schrägstellung erhöht den Wirkungsgrad und verleiht dem Sportzentrum die angestrebte Leichtigkeit. Einzig im Hauptreppenhaus und an den Enden des Tribünenraumes werden die PV-Elemente durch eine konventionelle Isolierverglasung ersetzt. Die Aufenthaltsräume der Schule im 2. Obergeschoss zeichnen als weiteres Element die Fassade zum Platz aus. Sie liegen als Fensterband mit Öffnungsflügel und Stoffmarkisen in der Ebene der vorfabrizierten Holzelementfassade. Ein Vordach, ebenfalls aus PV-Modulen, schützt das Erdgeschoss mit seinen vielen Türen und Toren auf allen vier Seiten. 

PV-Shedhalle und «Animal-Aided Design» auf dem Dach

Die Dachfläche ist allseitig mit einer 60cm starken Humusschicht für die intensive Bepflanzung und für die Habitatansprüche von Insekten, Wildbienen, etc. vorbereitet. Der Dachshed mit der vertikalen Nordverglasung und einer PV-Belegung gegen Süden lässt genügend Licht für den Tagesbetrieb in der Sporthalle zu.