24.04 / Neubau Kantonsschule Wädenswil, Au Zürich
Offener Projektwettbewerb 2024
Planungsteam
Auftraggeber – Hochbauamt Kanton Zürich
Architektur – op-arch | Pablo Baumann, Samel Benz, Manuel Kost
Tragwerk – Lüchinger Dr. + Meyer Bauingenieure AG, Zürich
Freiraum – Nipkow Landschaftsarchitektur AG, Zürich
Gebäudetechnik – eicher + pauli AG, Bern
Brandschutz – siQS GmbH, Schaffhausen
Visualisierung – indievisual AG, Zürich
Ein Schulbau der Zukunft auf dem ehemaligen Alcatel-Areal
Der vorfabrizierte Holzelementbau basiert auf einem Raumgittermodul von 5.00m x 7.30m x 3.78m. Einem Modul liegt die Fläche eines Fokusraumes zugrunde, und zwei dieser Module entsprechen einem Klassenzimmer. Aneinandergereiht und gestapelt erreicht die Systembauweise eine rationelle Konstruktion mit geringen Spannweiten und vertikalen Lastabtragungen. Die Gebäudetechnik bleibt offen sichtbar und wird horizontal an der Unterseite der Korridore installiert.
Das Schulhaus folgt ausserdem der Topografie. Die Sporthallen im nördlichen Teil des Areals liegen zwischen 4 bis 5 Metern unter dem gewachsenen Terrain, und die Doppelturnhalle unter dem Hof kann beidseitig mit dem Aushubmaterial der Turnhallen verfüllt werden.
Die Technikräume für die grossen Luftmengen der Aula und der Turnhallen sind unmittelbar darüber angeordnet und können so direkt über die Hallendecken versorgt werden.
Die integrale Betrachtung von «Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaftlichkeit» soll mit den im Projekt dargelegten Massnahmen zu einer ganzheitlichen und konstruktiv innovativen Schulanlage führen.
Kultur und Leitbild
Die architektonische Übersetzungsleistung der drei im Leitbild erwähnten Dimensionen, «Individualität und Gemeinschaft», «Bewährtes, Neues und Überraschendes» sowie «Lernen, Entdecken, Gestalten, Erreichen und Erleben» zeigt sich in der horizontalen und vertikalen Verflechtung der Raummodule mit den vielfältigen Erschliessungs- und Aufenthaltszonen, sowohl im Haus, im Hof wie auch in den angrenzenden Freiräumen. Das Schulhaus ist über die Ost-West-Passage auf Niveau Hof und über die beiden öffentlich zugänglichen Aufzüge beidseitig der offenen Treppen - vom Auplatz zum Kulturraum im Zwischengeschoss und in den Hof - öffentlich und inklusiv für Alle zugänglich.
Die architektonische Übersetzungsleistung der Lehr- und Lerntopografie ist mit ihrer hohen Aneignungsqualität sowohl im Haus wie auch in den angrenzenden Aussenräumen differenziert gestaltet. Der Lebensraum Schule wird so Teil der Gesellschaft mit zusätzlich möglichen externen Veranstaltungen ausserhalb der Öffnungszeiten, sowohl in der Mensa, im Hof, im Kulturraum, in der Aula und wie auch in den Sporthallen.
Städtebau
Die Kantonsschule KAUZ bettet sich in die hochwertig ausgestalteten Freiräume des «AuParks» im Osten, des «Waldgartens» im Westen und des «Auplatzes» im nördlichen Vorbereich der Anlage ein. Diese mit unterschiedlichen Qualitäten ausgestatteten Räume dienen sowohl dem Aufenthalt der Quartierbewohner:innen wie auch den Schüler:innen der Schule. Sie sind von grosser sozialer, aber auch integrativer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Areals im Hinblick auf ein lebendiges, inklusives Lebens- und Arbeitsumfeld.
Ankunftsort der allermeisten Schüler:innen ist der grosse Vorplatz vor dem Haus im Norden mit dem östlich anschliessenden Sockelbauwerk des Nachbarn. Die Ausrichtung der neuen Kantonsschule orientiert sich zu den Infrastrukturbauwerken der Bahnlinie zur Seestrasse und zum See hin. Selbstbewusst wie die früheren Bildungsbauten der Jahrhundertwende behauptet sich das Haus prominent und gut sichtbar an diesem stark vom Verkehr geprägten Ort.
Der Bildungsbau im Quartier Die Schule wird ein bedeutender Teil des Quartiers. Die breite Ost-West-Passage auf Hofniveau zusammen mit den beiden grossen Treppenaufgängen vom Auplatz in den Hof stellen die wichtige Porosität auf der Quartierebene her. Die Schule kann durchquert werden und ist über das Wegenetz der angrenzenden Freiräume eingebunden. Die Kantonsschule mit ihrem öffentlich zugänglichen Hof wird so Teil des Quartiers.
Mit kleinmassstäblichen Eingriffen wie allseitig differenzierte Adressierungen, Zugänge mit Schwellenräumen, Passagen und architektonischen Elementen wie Balkone und Vordächer strebt das grosse Haus in den Erdgeschosszonen auf unterschiedlichen Quartierebenen einen menschlichen Massstab an und öffnet sich allseitig zur Nachbarschaft hin. Im engem Verbund mit dem Astwerk der Bäume scheint sich die Dominanz des Gebäudes aufzulösen. Das Auge kann sich an der feinen Tektonik festkrallen und tritt mit den angrenzenden Wohnbauten und Freiräumen der Nachbarschaft in einen Dialog.
Stadt, Land, See An den Wochentagen lebt das Quartier tagsüber mit den Schüler:innen, an den Wochenenden und abends sollen Anwohner, Besucher und die Bevölkerung den Ort besetzen dürfen. Die Nutzungsüberlagerung zu verschiedenen Tageszeiten an verschiedenen Wochentagen ist Programm, sowohl aus städtischer wie auch aus ländlicher Sicht, aber immer auch mit Bezug zum grossen Freizeitraum, dem Zürichsee.
Die Geländetopografie Das Schulhaus verliert aufgrund des ansteigenden Geländes gegen Süden hin an Mächtigkeit und endet mit einer vertikal begrünten, dreigeschossigen Fassade an der Wohnstrasse. Diese topografische Ausgangslage bildet einen der Bedeutung einer Kantonsschule für das linke Seeufer entsprechenden repräsentativen Auftritt mit Hauptzugang am Auplatz und der adressierten Wohnstrasse im Süden.
Nord, Ost und West, Süd Entlang der Wohnstrasse ordnen sich die drei Unterrichtsgeschosse den Wohnungsbauten im Süden unter. Die fünfte Fassade, das Dach, bleibt frei von Technikaufbauten. Biodiversität und Fotovoltaik sind hier die Protagonisten und lassen den Wohnungsbau in der oberen Hälfte an der Sicht auf den See partizipieren. Ost- und Westflügel sind durch die öffentlich zugängliche Passage und durch die Regelhaftigkeit von Fassadenmodulen mit Fotovoltaik geprägt. Die Nordfassade zeigt mit dem Hauptzugang, dem Kulturraum, den offenen Aufgängen zum Hof, den beiden Flanken von Sport und Aula und den Klassenzimmern in den Geschossen das wichtigste Spektrum der Programmteile der neuen Kantonsschule auf.
Architektur
Die Architektur des KAUZ soll die Idee eines «Pilot für künftige Kantonsschulbauten» aufnehmen und zu einem Schulgebäude der Zukunft werden. Die Raumstandards und die Massnahmen zu einer Vereinfachung in der Planungs- und Bauweise sind die Grundlage der Entwicklung eines architektonischen Raumgefüges, welches die Aspekte der Ökologie, der Ökonomie und der sozialen Interaktion, des Lernens und Lehrens gleichermassen berücksichtigt und in ein programmatisch abwechslungsreiches Raumkontinuum übersetzt.
Die Stadt in der Stadt Aula, Mensa, Kulturraum, Sporthallen und die Schule selbst sind betrieblich unabhängig organisiert. Mit jeweils eigenen Zugängen sind diese Einheiten direkt über den Freiraum adressiert und öffentlich zugänglich. Zusammen mit den umliegenden Wohnbauten, den Plätzen, Höfen und Gärten, den Strassen, Wegen und Passagen wird dieser Ort zu einem Haus mit mehreren Häusern, einer Stadt in der Stadt: Ein Lebensraum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Die Erschliessungsraute Alle vier Seiten des quadratischen Hofhauses sind mit unterschiedlichen vertikalen Erschliessungstypen organisiert. Über eine mittige Haupttreppe im Norden, die Kaskadentreppe mit Sitzstufen an den beiden Seitenfassaden und eine wiederum mittig liegende Spiraltreppe an der Südfassade verbinden die kurzen Wege der Korridore sämtliche Räume der Kantonsschule zu einem horizontalen und vertikalen «Rundlauf».
Auf dem Hofniveau sind Schüler:innen- und Lehrer:innenaufenthalt direkt über die Ost-West-Passage des öffentlichen Raumes oder schulintern über den Korridor im Norden zugänglich. Diese beiden Aufenthaltsräume sind bewusst zum Waldgarten und zum Aupark hin orientiert und werden so zu privaten Rückzugsräumen ohne störende Einblicke. Hier können sowohl die Schüler:innen wie auch die Lehrer:innen unter sich sein.
Der begrünte Innenhof Die flankierenden breiten Aussentreppen und die Ost-Westpassage machen den öffentlich zugänglichen Schulhof gleichzeitig zum Ort für Begegnung und Rückzug. Spindeltreppen - «shortcuts» - verbinden die der Topografie folgenden Aussenterrassen miteinander. Die freie Fläche des Innenhofs ermöglicht gemeinsame Veranstaltungen wie grosse Versammlungen, Freilufttheater oder auch «public viewings». Seine Grösse und die gute Durchlüftung über die offenen Passagen und Treppen lässt auch an heissen Sommertagen ein angenehmes Hofklima erwarten. Entlang den beiden Hofseiten bieten die Baumkronen und die Lehmbauwände die notwendige Geborgenheit und den Schutz vor Blicken aus den darüber liegenden Klassenräumen. Der Hof bietet Rückzugsräume im Freien unter den Bäumen an: Im Sommer mit einer angenehm kühlen, im Herbst und Frühling mit einer wärmenden Wand im Rücken.
Pädagogisches Konzept
Im Nutzungscluster der drei Unterrichtsgeschosse sind im Norden die Naturwissenschaften, in den Ost- und Westflügeln die Allgemeinen Unterrichtsräume und im Süden die Lernlandschaften mit den vorgelagerten «Freiluft-Lernterrassen» platziert. Dem Wunsch nach Begegnungsräumen und Flächen für interdisziplinäre Zusammenarbeit wird an den Kreuzungsknoten der horizontalen und vertikalen Erschliessungszonen entsprochen.
Lernnischen für konzentriertes Lernen auf beiden Seiten der Haupterschliessung der zweiläufigen Treppe im Norden, Sitzstufen entlang der Kaskadentreppe der beiden Seitenflügel und die vernetzende Lernlandschaft als Verbindungsraum im Südflügel sind - entsprechend der «Wandelhalle» im Bundeshaus - die informellen und ungezwungenen Begegnungsorte der neuen Kantonsschule.