24.14 / Neues Zentrum Dorfmatt, Risch Rotkreuz
Studienauftrag 2025, 1. Rang / 1. Preis
Planungsteam
Auftraggeberin – Gemeinde Risch Rotkreuz
Architektur – op-arch | Sarah Weber, Venonica Callà, Louis Forestier
Freiraum – ORT AG für Landschaftsarchitektur, Zürich
Bauökonomie – HSSP AG, Zürich
Tragwerk – LMP AG, Zürich
Gebäudetechnik – eicher + pauli AG, Zürich
Nachhaltigkeit – pom+ Consulting AG, Zürich
Brandschutz – Basler + Hofmann AG, Zürich
Bauphysik – Wichser Akustik + Bauphysik AG, Zürich
Verkehrsplanung – SNZ Ingenieure und Planer AG, Zürich
Visualisierungen – indievisual AG, Zürich
das Zentrum Risch-Rotkreuz im Wandel
Die Transformation des Standorts der Gemeindeverwaltung und der unmittelbaren Nachbarschaft steht im übergeordneten ortsplanerischen Kotext der zur Kleinstadt gewachsenen Gemeinde Risch-Rotkreuz, die während den letzten Jahren eine starke bauliche Entwicklung erfahren hat und sich mit einem steten Bevölkerungswachstum konfrontiert sieht. Die zentrale Lage des gesamten Areals Dorfmatt steht exemplarisch im Fokus der raumplanerischen Beauftragung Zentrumsgebiete zu verdichten. Als Baustein der städtebaulichen Idee «Bahnhof Süd» und einer gesamtheitlichen Planungs- und Entwicklungsstrategie stellt der Projektperimeter eine neue Mitte innerhalb eines zukünftig urbanen Zentrums von Risch-Rotkreuz dar, der von einer eigenen Identität und den Menschen geprägt und aktiviert werden soll.
“Essentially, there is no private space. There are only varying degrees of publicness.”
«Es gibt im Grunde keinen privaten Raum. Es gibt nur unterschiedliche Grade der Öffentlichkeit». Interview mit Paulo Mendes da Rocha, in: Spiro, Annette: Paulo Mendes da Rocha: Bauten und Projekte, Zürich: Niggli, 2002
Das neue «Zentrum Dorfmatt» ist mehr als nur eine Modernisierung der Gebäude-, Verwaltungs- und Arbeitsstrukturen.
Das neue «Zentrum Dorfmatt» steht für ein offenes Haus für die Bevölkerung der Gemeinde und für die Öffentlichkeit im Allgemeinen. Ein Ort, der Arbeit, Wohnen, Freizeit, der Begegnung und Interaktion zwischen Verwaltung und Bevölkerung vereint. Er ist rund um die Uhr zugänglich und stellt sowohl im Innern wie Aussen Räume zur Verfügung, die grösstenteils flexibel genutzt werden können. Ein Ort, der für ein möglichst grosses Spektrum an Bedürfnissen einer breiten Nutzergruppe Möglichkeitsräume anbietet und in seiner hybriden Gebäudekonstellation Lebensraum für eine diverse Bewohnerschafft darstellt. Zentral für die Qualität der Verortung an dieser Stelle das Schaffen eines lebhaften und identitätsstiftenden Erd- und Sockelgeschosses. Die unteren Geschosse sind entscheidend für die Einbindung und Adressierung und prägen die Wahrnehmung der neuen Lebenswelt.
Das Haus nimmt den Planungsperimeter maximal in Anspruch, reagiert in den ersten beiden Geschossen, sowohl räumlich wie auch programmatisch allseitig auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Nutzungen des jeweiligen Stadtraums und steht mit ihm im Dialog.
Das Potenzial der allseitigen Zugänglichkeit über grosszügig gedeckte Vorzonen unter dem Haus, kombiniert mit grossflächig öffenbaren Fassaden suggeriert eine Überlagerung der Räume und Aufhebung klarer Grenzen – Schwellenräume, die den Aussenraum zu Innenraum und Innenraum zu Aussenraum werden lassen. Eine räumliche Offenheit, die dem Haus eine vielseitige Bespielbarkeit erlaubt und es gleichermassen unterschiedlich erlebbar macht.
Das Haus lebt von der Öffentlichkeit, die graduell mit zunehmender Geschossigkeit nach oben, bis in die Ebenen der entsprechend der Lebensform individuell bespielten Wohnungen, abnimmt.
das zweite Erdgeschoss
Die Nutzungszuweisung von hoch öffentlichen Nutzungen schreibt dem 1. Obergeschoss eine interessante und wichtige Rolle zu – die des zweiten Erdgeschosses. Eine gute Anbindung an den Stadtraum und die interne geschossübergreifende Erschliessungsvernetzung, die mit Hilfe von Treppen und Rampen gewährleistet ist, ist deshalb von grosser Bedeutung. Erfahrbare räumliche Verschränkungen bis in die in die Ebene der Veraltung, der direkte Bezug zum Foyer, der visuellen Kontakt aus dem 1. Obergeschoss in alle Nutzungsbereiche begünstigen die Orientierung, stärken das Sicherheitsgefühl und unterstützen die Idee des zweiten Erdgeschosses.
das Planungskorsett, die ortsbauliche Haltung & das Potenzial
Das Projekt «PAULISTA» respektiert die planerischen Bestimmungen des Bebauungsplans «Bahnhof Süd». Es nutzt das Planungskorsett, um eine eigenständige städtebauliche Haltung einzunehmen. Das Baufeld wird beinahe maximal in Anspruch genommen und setzt die Vorgaben zur Höhenentwicklung so um, dass sowohl zum Dorfmattplatz wie auch zum zukünftigen Kantonsschulplatz städtebauliche Akzente formuliert werden. Die ersten 3 Geschosse hingegen reagieren auf den unmittelbaren Kontext und nehmen Bezug auf den Massstab des Nutzers, den des Menschen.
Das vielfältige Raumprogramm findet im Kontext von Baufelder unbekannter Architektur sowohl in der differenzierten Fassadengestaltung wie auch volumetrischen Ausformulierung und Silhouette einen Ausdruck selbstbewusstem Charakters.
«PAULISTA» reizt die zulässigen anrechenbare Geschossflächen gemäss der Verordnung zum Planungs- und Baugesetz (V PBG) des Kantons Zug, vom 20. November, Stand 01. Januar 2024, Art. 35 maximal aus. Ab 2026 müssen zweigeschossige Räume nicht mehr doppelt gerechnet werden. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass ca. weitere 480m2 zusätzliche Flächen für Drittnutzer frei würden, was einem weiteren Geschoss für Dienstleistung gleichkommt.
das hybride Haus
Das Verflechten und Überlagern von verschiedenen Aktivitäten am gleichen Ort gewinnt vermehrt wieder an Bedeutung. Das hybridgenutzte Haus ist der Motor für eine lebendige Urbanität und leistet einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung.
Auf Stadtebene (Schema 6, Nutzungsszenarien Stadtebene) sind die beiden Säle, der Multifunktionsraum und das Begegnungskaffee so angeordnet, dass sie unabhängig voneinander oder in unterschiedlichen Arrangements, in Kombination mit dem Foyer und der Küche miteinander genutzt und der Aussenraum miteinbezogen werden können. Das Foyer erstreckt sich über die ganze Länge der Nordfassade und bindet den Eingangsbereich des Wohnhochhauses auf der Ostseite mit ein.
Im zweiten Erdgeschoss befinden sich die Räumlichkeiten der Bibliothek, Ludothek. Der zentrale Empfang für die Gemeindeverwaltung präsentiert sich als eine offen gestaltete Theke im Zusammenspiel mit der Wartezone im Bereich der Zugänge zu den Bereichen der Bibliothek und der Meetingszone. Über das Veloabstelldeck sind die Nutzungen der Gemeinde wie auch der Wohnungen zusätzlich erschlossen. Ein intelligentes Schliess- und Sicherheitskonzept ermöglicht einen direkten Zugang von den Wohnungen zum Raumangebot der Meetingzone.
Auf der 3. Ebene ist die Verwaltung ganz nach dem Prinzip «Your office is where you are» auf nur einem Geschoss, auf der Basis des vorgegebenen Raumprogramms organisiert. Die offene Raumstruktur ermöglicht eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Berdürfnisse. Dies fördert den Austausch zwischen den Teams und das gemeinsame Lernen. Die verschiedenen Arbeitsbereiche und -zonen, die dem des Activity Based Working (Aktivierungsbezogenes Arbeiten) folgen, bieten eine breite Palette von Arbeitsmöglichkeiten. Neben Open-Space findet sich ein grosses Angebot von Rückzugsorte unterschiedlicher Grösse und Ausstattung und Bereiche für Aufenthalt sowohl innen wie auch aussen.
Bestünde zusätzlicher Raumbedarf der Verwaltung, werden mit dem vorgeschlagenen Konstruktionsprinzip bereits Vorkehrungen getroffen, dass Decken im Bereich der darüberliegenden Drittnutzer geöffnet werden können.
Ab der 4. Ebene verteilen sich mit Orientierung zum Dorfmattplatz Dienstleistungsfläche für Drittnutzerinnen über 2 Geschosse. Das 3. Obergeschoss ist zudem Kollektivgeschoss und Garten für die Bewohner des Wohnhochhauses, welches sich über weitere 11. Geschosse in die Höhe entwickelt.
das Wohnen im hohen Haus
Das vorgeschlagene Wohnangebot ist vielfältig und bietet flexiblen Lebensraum für eine breite Nutzerinnengruppe mit individuellen Wohnvorstellungen. Die Wohnungen sind so konzipiert, um den verschiedene Haushaltsformen in den unterschiedlichen Lebensphasen gerecht zu werden. Ein Haus für Familien mit Kindern, Singles und Paare aller Altersgruppen, die von der Lage und den qualitätsvollen Wohnungen profitieren. Im Vordergrund steht deshalb eine maximal mögliche Ausschöpfung der möglichen Wohnnutzung und die Optimierung der vermietbaren Fläche mit hohem Effizienzkoeffizienten. „PAULISTA“ unterstützt auf diese Weise die Idee unterschiedlicher Preissegmente, macht preisgünstiges Wohnen umsetzbar und schafft die Basis einer durchmischten Bewohnerschaft.
Sowohl die marktgerechten wie auch die Geschosse der preisgünstigen Wohnungen setzen auf eine konsequente Umsetzung und kompakte Organisation der ambitionierten Raumvorgaben im Grundriss.
das Kollektivgeschoss
Im 3. Obergeschoss werden neben einer Grundinfrastruktur wie Küche und Toiletten, neutrale Räume angeboten, die nur den Bewohnerinnen des Wohnhochhauses zur Verfügung gestellt werden. Möglichkeitsräume, die mit direktem Zugang über einen vom Wetter geschützten Aussenbereich in den Dachgarten, sowohl kollektiv, aber auch privat genutzt werden können. Hier treffen sich die Bewohnerinnen zum Kaffee, werden Geburtstage gefeiert, spielen die Kinder, kann einem Gast eine Übernachtungsmöglichkeit eingerichtet werden usw…ein geschützter Ort innerhalb des hoch öffentlichen Umfeldes für die Gemeinschaft als Beitrag für eine sozial nachhaltige Wohnkultur.
das Tragwerk
Das Tragwerk für das neue Zentrum Dorfmatt in Risch-Rotkreuz zeichnet sich durch eine effiziente und klare Lastabtragung aus. Der Gebäudekomplex gliedert sich zum einen in den Bereich des rund 47m hohen Wohnhochhauses und zum anderen in den Bereich des zweigeschossigen Sockelgebäude, welcher zum Platz hin um vier Geschosse erweitert wird. Die Nutzung ist vielseitig. Im Sockel und dem aufgehenden 6-geschossigen Gebäude befinden sich die Nutzungen der Gemeinde, wie beispielsweise die Gemeindeverwaltung, Bibliothek, Café aber auch grosszügige Plenarsäle. Im Hochhaus wird ab dem dritten Obergeschoss gewohnt. Für das Gebäude wird daher ein nutzungsflexibler Raster mit der Nutzung angepassten Spannweiten und durchgehenden Stützen vorgeschlagen. Auf aufwändige Lastumlenkungen und Abfangungen wird möglichst verzichtet. Nutzungen die grosszügiger Spannweiten erfordern, wie der grosse Versammlungssaal werden, im Sockel zwischen den Hochbauten untergebracht. Das gesamte Tragwerk wird grösstenteils in vorfabrizierter Massiv- und Hybridbauweise ausgeführt, wobei auf eine schlanke und materialoptimierte Ausformulierung der Konstruktionselemente geachtet wird. Tragsicherheit, Gebrauchstauglichkeit und die Anforderungen an den Brandwiderstand (R90) werden eingehalten. Beim vorgeschlagenen Deckensystem, welches sowohl im östlichen als auch westlichen Gebäudeteil zur Anwendung kommt, handelt sich um eine Skelettbau bestehend aus einem vorfabrizierten Deckensystem und vorfabrizierten Betonstützen. Bei den Decken kommen vorfabrizierte, leicht vorgespannte, Hohlbetonplatten zur Anwendung, welche 20 cm stark sind und Spannweiten von 5.4m überbrücken. Die Hohlkörperplatten liegen auf trapezförmigen Stahlträgern (Delta-Beam), welche als deckenintegrierte Unterzüge wirken. Unter Verwendung von «GreenSteel» kann der CO2-Verbrauch gegenüber normalen Stahl um mehr als 40%. reduziert werden. Die Fugen zwischen den Betonplatten und der Delta-Beams werden vergossen, sodass der Feuerwiderstand von R90 gewährleistet ist. Die seitlichen Auskragungen für die Balkonschichten im 8. bis 11.-OG des Hochhauses können über die Decke selbst sichergestellt werden. Die Auskragungen in den Geschossen 4.- bis 7. OG werden als abgestützte Konstruktion ausgeführt. Das beschriebene Deckensystem ist effizient, wirtschaftlich und auf Grund dessen, dass es sehr leicht und schlank konstruiert ist, auch nachhaltig. Zudem reduziert sich Dank der Vorfabrikation die Bauzeit signifikant. Im östlichen Gebäudeteil wird die Decke über dem Erdgeschoss an vorfabrizierten, vorgespannten Unterzügen der Decke des 1. Obergeschosses aufgehängt. So kann die Stützenanzahl im Erdgeschoss reduziert werden, was diesem eine gewisse räumlichen Grosszügigkeit verleiht. Der grosse stützenfreie Saal ist im Erdgeschoss zwischen den aufgehenden Gebäudeteilen angeordnet. Die Saalspannweite von 17.50 m wird mit vorfabrizierten Betonträger, welche eine Konstruktionshöhe von rund 1.2m aufweisen, überbrückt. Die Träger wirken als Überzüge und haben einen Abstand von 5.2m. Die Deckenplatten, welche ebenfalls als Hohlkörperelement angeliefert werden, haben auf Grund ihrer hoher Belastung (Erde und Substrat) eine Stärke von 30cm. Die horizontal wirkenden Erdbeben- und Windkräfte werden über durchgehende Betonscheiben, die sich in den gut angeordneten Erschliessungskernen befinden, abgetragen. Das Untergeschoss des Gebäudes wird in bewährter Massivbauweise (Recyclingbeton mit CO2-reduziertem Zement) hergestellt und wasserdicht ausgebildet. Auf Grund der vorhanden Geologie wird das Gebäude auf Pfählen fundiert. Das gewählte Tragwerk ist optimiert, bewährt und wirtschaftlich konstruiert. Zudem bleibt es für die Zukunft nutzungsflexibel, grösstenteils rückbaubar und wiederverwendbar. Ein wesentlicher Beitrag an die die Nachhaltigkeit ist dadurch gegeben.
der Brandschutz
Die Brandsicherheit wird mit einem Standardkonzept gemäss der aktuellen Schweizerischen Brandschutzvorschriften gewährleistet. Aufgrund des gewählten Tragwerkkonzepts ist das gesamte Gebäude als Hochhaus einzustufen. Die Anforderungen an das Tragwerk sind somit generell R90, für Feuerwiderstände EI90 resp. EI 60. Die Lage und Anzahl der vertikalen Fluchtwege orientiert sich an der Fluchtweglänge und der Geschossfläche. Die 14 Geschosse über Terrain inklusive Erd- und Untergeschosse verfügen über ein Sicherheitstreppenhaus mit angrenzenden Schleusen und einer Rauchdruckschutzanlage. Es werden wo möglich Nutzungseinheiten gebildet und ihre Anbindung an horizontale Fluchtwege gewährleistet die Entfluchtung. Interne Verbindungstreppen sind derart positioniert, dass öffentliche und nicht öffentliche Bereiche brandabschnittsbildend getrennt bleiben und dadurch keine Atriumsituationen entstehen. Für die Intervention ist ein Feuerwehraufzug vorgesehen und die Stellfläche für ein Löschfahrzeug ist gut anfahrbar. Der mittlere Saal und die eingeschossige Einstellhalle verfügen über eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage. Partielle PV-Flächen und Fassadenbegrünungen orientieren sich an den Schutzzielvorgaben der VKF resp. dem Stand der Technik.
der Unterhalt der Hochhausfassade
Die Fassadenbefahranlage bestehend aus Dachfahrwagen mit Arbeitsbühne frei auf Betonplatten-Fahrbahn fahrend, mit Anschlagwinkel auf der Fahrbahn als Führung entlang des Dachrands, inkl. Zusatzlasthubwerk mit Lasthaken für Ersatzglastransport. Die Anlage ist für den Unterhalt und die Reinigung der Fassaden vorgesehen. Die gesamte Anlage wird bei nichtgebrauch im Freien parkiert.
die Bauphysik
Danke der zwar vorfabrizierten aber doch massiven Konstruktion von Decken und Innenwänden im Bereich des Kerns können die solaren Wärmeeinträge im Winter effektiv gespeichert werden. Dieselbe Speichermasse der Betonkonstruktion, ein gut konzipierter, automatisierter aussenliegender Sonnenschutz und die zusätzliche Nachtauskühlung stellen während den Sommermonaten den Wärmeschutz sicher.
Freiraum
Das Dorf ist im Umbruch. Rund um den Bahnhof entstehen bzw. entstanden neben den öffentlichen Orten für die Gemeinde auch überregionale Anziehungspunkte wie die Fachhochschule im Bereich Bahnhof Nord oder die Kantonsschule in unmittelbarer Nähe des Zentrums Dorfmatt. Als Knotenpunkt des öffentlichen Verkehrs, als Standort der Kantonsschule oder als Sportstätte ist das Gebiet ein Zentrum für die Region. Andererseits ist es aber auch ein Zentrum der Gemeinde und ein attraktiver Ort für das alltägliche Leben der Bevölkerung: Der Gang zur Post oder zur Gemeindebibliothek, ein Ort für Veranstaltungen der Vereine, für den lokalen Einkauf und ein Ort für zufällige Begegnungen im Café. Von zentraler Bedeutung für das Gebiet ist auch die Arealentwicklung LUPO von Ramser Schmid Architekten, dessen Projekt Dreilinden selbst ein wichtiger Zentrumsbaustein ist. Dieses Projekt stellt aber auch wichtige räumliche Bezüge zwischen der Gesamtschulanlage Waldegg mit ihrer Ludothek, dem „Chalet“ und der Waldegghalle und den und dem neuen Dorfmattplatz her. Das Freiraumkonzept verbindet die unterschiedlichen Zentrumsteile zu einem kulturellen und sozialen Ganzen.
Die Dimensionen der neuen Bebauung und der dazwischen liegenden Freiräume führen in Risch eine neue Massstäblichkeit ein. Die grosszügigen Strassen- und Platzräume verknüpfen den neu gebauten Zentrumsbereich mit den bestehenden Ortsstrukturen zu einem zusammenhängenden Freiraumnetz. Die einzelnen Orte im Freiraumnetz haben ihre eigene Identität und stadträumliche Funktion. Unterschiedliche Atmosphären und Nutzungen, der Wechsel von überschaubaren Orten und Weite und eine klare Hierarchie der Stadträume formen und gliedern den lebendigen Raum und schaffen Orientierung. Der Asphalt als städtischer Belag verbindet alle Bereiche des Ortszentrums, wird aber so zurückhaltend wie möglich eingesetzt. An besonderen Orten wie zum Beispiel der Arkade des neuen Zentrums Dorfmatt wird der Asphalt veredelt und durch eine Oberflächenbehandlung tritt farbiges Gestein, ähnlich einem Terazzobelag hervor.
der Dorfmattplatz
Als Herzstück und wichtiger Knotenpunkt steht er im Zentrum aller umliegenden öffentlichen Räume. Er lebt aber auch vom direkten Dialog mit den öffentlichen Nutzungen im neuen Zentrum Dorfmatt. Die mittige Mergelfläche ist eine eigenständige Allmend und eignet sich als grosszügiger Veranstaltungsort und Marktplatz. Damit steht der Ort,-in seiner Dimension ein unverkennbarer Merkpunkt in der Gemeinde-, der Öffentlichkeit als nutzungsoffenes Forum zur Verfügung. Baumhaine fassen den Kiesplatz ein und stellen den räumlichen Bezug bis zum südlich gelegenen Schulzentrum her.
Die Belagsintarsie wird von einer breiten und gut begehbaren, offenen Entwässerungsrinne aus dem aufgefrischten, wertvollen Naturstein des heutigen Platzbelages eingefasst. Der alte Dorfplatz ist also auch der neue. Das ist finanziell und ökologisch nachhaltig und behält die früheren Geschichten des Ortes in Erinnerung.
Die Baumhaine lassen den Platz in einen allseitigen Dialog mit den umliegenden Gebäuden treten und sind selbst schattige Aufenthaltsorte im Grünen. Unter den Bäumen bilden hüfthohe, amorph geschnittene Strauchkissen und Pflanzungen aus Hochstaudenfluren und Binsen eigenwillige kleine Orte: Eine leicht erhöhte Bühne am Mergelplatz, kühle Staudengärten, eine Terrasse für das Café, Durchgänge und weitere Aufenthaltsorte. Der Dorfmattplatz wird in seinen verschiedenen Maßstäblichkeiten ein lebendiger und geschichtenreicher Begegnungsort und erinnert an die grünen und gepflegten aber städtischen „Bürgerpromenaden“ der Gründerzeit.
Die Baumbouquet (Erlen, Weiden, Sumpfeichen, Taxodien) gruppieren sich um diese mit krautigen Hochstaudenfluren und Binsen bewachsenen Mulden und verdunsten das anfallende Regenwasser sowie das hoch anstehende Grundwasser. Das für Risch am Zugersee prägende ehemalige Feuchtgebiet* lebt in der stadtklimatisch angepassten Gestaltung des Gemeindeplatzes wieder auf.
Gemeindeperron
Die Verkehrsdrehscheibe ist der eigentliche Bahnhofplatz und damit die Schnittstelle zwischen der Ortschaft und der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs. Der Gemeindeperron stellt aber auch die Verbindung zwischen den beiden durch die Bahnlinie getrennten Ortsteilen Risch und Rotkreuz her. Der Busbahnhof und die offenen Erdgeschosse liegen auf dem durchgehenden Belagsteppich aus Ortbeton, der die Menschen von der Buonaserstrasse herkommend empfängt. Unter einem Baumdach aus geschnittenen Platanen befindet sich der überdachte Buswartebereich, die durchgehende, perforierte Baumscheibe nimmt das anfallende Platzwasser auf. Die westlich gelegene Tiefgarageneinfahrt wird mit einem wasserspeichernden Gründach eingehaust und seitlich berankt.
Buonaserstrasse
Baumreihen gliedern den langgestreckten Raum, dazwischen eröffnen sich in Nord-Süd-Richtung markante räumliche Querbeziehungen zwischen dem Gemeindeperron und dem Schulzentrum Waldegg.
Dorfmatt
Gruppen von schmalwüchsigen Zitterpappeln, Föhren und Amberbäumen gliedern den wichtigen Verbindungs- und Verkehrsraum zwischen der Bahnpasserelle und der Buonaserstrasse sowie dem Kantonsschul- und Sportcluster und dem Zentrum Dorfmatt. Die Baumquartiere sind mit Gräsern und Binsen begrünt und nehmen das Oberflächenwasser auf.
Postgasse
Gepflasterte Belagsteeppiche vor den Gebäudezugängen gliedern den funktionalen Raum, der durch das Café an der Ecke zum Dormattplatz einen attraktiven Auftakt erhält.
Dachgärten
Das Atrium in der Mitte der Gemeindeverwaltung verfügt dank der Konstruktion über einen guten Dachaufbau für eine intensive Begrünung. Es dient der Wasserretention und ist üppig mit Schlitzblättrigen Erlen, wasserliebenden Traubenkirschen und Schmalblättrigen Eschen ausgepflanzt. Aus den Büroräumlichkeiten blickt man über den krautigen Boden, bei starken Regenfällen wird zeitweise das Wasser in Senken sichtbar. Für die Mitarbeitenden der Verwaltung steht ein kühler Aussensitzplatz inmitten der üppigen Pflanzenwelt zur Verfügung. Der gemeinschaftlich nutzbare Dachgarten für das Wohngebäude liegt ein Stock höher und ist im Gegensatz zum Atrium trockener. Krautige und verholzte Ruderalvegetation bildet Aufenthalts- und Spielnischen. Im Schatten der Bäume des Atriums befindet sich ein Spielbereich für Kleinkinder. Die gemeinschaftlichen Aussensitzplätze am Gebäude sind mit Kletterpflanzen berankt.
Wärmeerzeugung und Abgabe
Für die Erzeugung von Raumwärme und Brauchwarmwasser im Gebäude dient die Erdwärme als Quelle. Eine Wärmepumpe stellt die Niedertemperatur Wärme (32°C) für Heizung und Lüftungserwärmung bereit. Eine zweite Wärmepumpe erwärmt das Warmwasser (65°C), welches in den Wohnbereichen als auch Gastrobereichen benötigt wird.
Die Wärme wird von der Technikzentrale im obersten Geschoss des Sockelbaus untergebracht, um das Untergeschoss zu entlasten. Die Steigzone folgend den vertikalen Erschliessungen und ist dabei so platziert, dass die Flexibilität des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird.
Die Wärmeabgabe erfolgt einheitlich auf Niedertemperaturniveau, so dass eine «Warme Schiene» durch das Gebäude geführt werden kann. An dieser sind alle Verbraucher wie Deckenheizungen, Bodenheizungen der Wohnungen als auch die Lüftungen angeschlossen. Für die Warmwasseraufbereitung werden Frischwasserstationen eingesetzt, diese sind in der Technikzentrale als auch im obersten Geschoss des Turms untergebracht, um die Druckzone des Turms abzudecken.
Kälteerzeugung und Abgabe
Die Kälte im Gebäude wird über die natürliche Kälte der Erdsondenquelle bereitgesellt. Das heisst, es erfolgt eine natürliche Kühlung des ganzen Gebäudes. Die Kälteverteilung wird über eine zentrale Verteilung auf die Geschosse des Gemeindezentrums verteilt. Für den Bereich «Wohnen» erfolgt bei der Bodenheizung im Sommer eine Netzumstellung, so dass die Bodenheizung für natürliche Kühle in den Wohnungen sorgt. Die Kälteabgabe im Gemeindezentrum übernehmen Deckenheizung-Kühlelemente, welche an die Niedertemperaturwärme und die natürliche Kühlung angeschlossen sind. Durch die doppelte Nutzung der Erdsonden erfolgt ein Energie-Bilanzausgleich im Erdreich, das heisst, im Sommer werden die Erdsonden regeneriert und im Winter wird dem Boden Wärme entzogen.
Lüftungskonzept
In den Wohnungen wird eine Ersatzluftanlage umgesetzt, welche die Frischluft in den Wohnbereich einbringt und in den Nasszellen wird die Abluft abgesogen. Die Zimmer können an der Frischluft des Wohnbereichs profitieren oder mit Fensterlüftung, die gewünschte Luftqualität einstellen. Die Abwärme aus den Wohnungen wird über eine rekuperative Wärmerückgewinnung für die Vorwärmung der Zuluft verwendet. Die Lüftungsanlage wird im obersten Geschoss des Turms positioniert.
Im Dachgeschoss des Sockels sind die funktionalen Lüftungen für die Bereiche Gastro, Mehrzweckräume als auch Büro, Bibliothek positioniert. Alle Anlagen sind mit Wärmerückgewinnung ausgerüstet und bedarfsabhängig nach der Luftqualität reguliert. Alle Anlagen profitieren von der natürlichen Kälte der Erdsonden.
Sanitär und Regenwassernutzung
Das Regenwasser, welches über die Flachdächer aufgefangen wird, wird in zwei Regenwassertanks gesammelt, bevor es in die Versickerung geleitet wird. Ausgehend von den Regenwassertanks wird eine Grauwasserversorgung für die Terrassen und Umgebungsbewässerung bereitgestellt. Während Trockenperioden ermöglicht ein Bypass die Verwendung von Leitungswasser. Die Nasszellen werden konventionell erschlossen. Im Turm werden zwei Druckzonen umgesetzt. Das Warmwasser wird nur dort eingesetzt, wo es zwingend notwendig ist (z.B. Duschen, Küche, Wohnungen etc.). Auf Warmwasser in den reinen WC Anlagen kann dabei verzichtet werden.
Photovoltaik
Das Dach des Gebäudes wird konsequent mit Photovoltaik-Modulen, welche nach Osten und Westen ausgerichtet sind, ausgestattet. Die Module, welche nach Osten ausgerichtet sind, ermöglichen, die Morgensonne auszunutzen, und die Westseite kann die Abendsonne ausnutzen. Ebenfalls ermöglichen die Fassadenmodule nach Süden eine Nutzung der tiefstehenden Wintersonne.
Sommerlicher Wärmeschutz
Es werden Massnahmen getroffen, um das Gebäude vor Sonneneinstrahlung zu schützen. Dies sind beispielsweise auch Fensterbrüstungen, um die Fensterflächen zu verkleinern. Diese Brüstungen werden zugleich für die Montage von Fassaden-Photovoltaik-Modulen verwendet. Ebenso werden automatische Storen verwendet, die bei einer erhöhten Sonneneinstrahlung schliessen, und so einem Anstieg der Temperaturen, und dem dadurch erhöhten Kühlbedarf im Raum entgegenwirken können.
das nachhaltige Haus
Reduktion Aushub, Wiederverwendung Fassadenelemente Bestand
Das Gebäude zeichnet sich durch einen starken Fokus auf verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit aus, die durch verschiedene gezielte Maßnahmen erreicht werden. Ein wesentlicher Aspekt ist der Einsatz von Materialien, die entsprechend ihren bauphysikalischen Eigenschaften ausgewählt wurden. Besonders hervorzuheben ist die Fassade, die in einer Holzelementmodulbauweise errichtet wurde, während die Decken in Betonhohldielenbauweise ausgeführt sind, um sowohl den Brand- als auch den Schallschutzanforderungen gerecht zu werden. Die modulare, vorgefertigte Bauweise ermöglicht einerseits eine verkürzte Bauzeit und gleichzeitig die spätere Wiederverwendbarkeit (Kreislaufwirtschaft). Im Betrieb des Gebäudes wird eine Wärmepumpe mit Erdwärmesonden kombiniert mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (WRG) eingesetzt, um eine energieeffiziente Nutzung sicherzustellen.
Besonders bemerkenswert ist die Möglichkeit, einen großen Teil des benötigten Stroms durch Photovoltaikanlagen auf der Fassade sowie auf dem Flachdach zu erzeugen. Dadurch können die CO2-Emissionen im Betrieb auf ein Minimum von 0,6 kgCO2e/m² reduziert werden. Dieser Wert kann weiter gesenkt werden, wenn Ökostrom bezogen wird.
Hinsichtlich der Grauen Energie, die bei der Herstellung und dem Transport von Baumaterialien anfällt, liegen die CO2-Emissionen laut SIA 2040-Tool bei 10,4 kgCO2e/m², was leicht über dem Richtwert von 9 kgCO2e/m² liegt. Aufgrund der begrenzten Auswahlmöglichkeiten im SIA 2040-Tool wurde jedoch eine detaillierte Berechnung für die Innenwände und Decken vorgenommen. Diese detaillierte Erfassung zeigt, dass sich die Emissionen auf 9,2 kgCO2e/m² reduzieren lassen. Berücksichtigt man zusätzlich das Konzept der Kreislaufwirtschaft sowie das potenzielle Weiterverwendungspotential des Gebäudes, sinken die Treibhausgasemissionen auf etwa 8,6 kgCO2e/m². Insgesamt wird somit ein Gebäude geschaffen, das auf Langlebigkeit, Flexibilität und Nachhaltigkeit ausgelegt ist und den aktuellen Anforderungen an umweltbewusstes Bauen gerecht wird.