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21.10 / Wohn- und Geschäftshaus Badenerstrasse, Zürich

Studienauftrag 2021

Planungsteam
Auftraggeberin – Karmon AG, Zürich
Architektur – op-arch | Michel Baumann, Sarah Weber
Landschaftsarchitektur – Nipkow Landschaftsarchitektur
Bauingenieurwesen – Büro Thomas Boyle + Partner AG
HLKKSE – Sustainable System Solutions GmbH
Visualisierung – Studio Maleta

Projektbeschrieb

Städtebauliche Leitideen und Weiterbauen am Bestand

Im Kapitel «Analysen» der gta-Publikation über Werner Stücheli zeichnet Fredi Ehrat Skizzen zu den «differenzierten Bebauungen mit Hochhäusern» des Bürohochhauses der Franz AG an der Badenerstrasse und beschreibt die Situation wie folgt:

«Die Hochhausscheibe unterbricht die hier extrem langen, geschlossenen Strassenfronten mit ihren einheitlichen Traufhöhen. Das geplante Zwillingshochhaus wurde nicht realisiert.»

Die Silhouette entlang der Badenerstrasse ist von dieser «Unterbrechung» geprägt und wird mit der angebauten, volumetrischen Ergänzung zu einer abwechslungsreichen, mit unterschiedlichen Höhenstaffelungen geprägten Blockrandbebauung erweitert, so dass die zurückgesetzte Hochhausscheibe weiterhin das dominierende Element in dieser Strassenflucht bildet. Erst an der Hausecke zur Friedaustrasse befreit Werner Stücheli das Hochhaus von seiner Blockrandfigur. Das Hochhaus steht so nun sichtbar und ohne Sockelbau auf der Stadtebene. Hier befindet sich auch der Hauseingang mit Foyer. Diese Aufweitung des Strassenraumes bleibt, mit Ausnahme der Anlieferung für den Nahverteiler, auch weiterhin bestehen.

An der Ecke Badenerstrasse/Zypressenstrasse schliesst ein neues Bürohaus den Blockrand, nicht als Zwillingsbau wie ursprünglich von Stücheli geplant, sondern als «kleiner Bruder» und orthogonal zum bestehenden Hochhaus; ein Geschoss höher als die max. möglichen 18 Meter Traufhöhe des angestrebten Blockrandes, konsumiert er den zur Verfügung stehenden baurechtlichen «Drittel» des Attikageschosses. Die bestimmende städtische Baulinie, rechtwinklig zur Zypressenstrasse angelegt, unterstützt dabei die programmatische und volumetrische Gewichtung an dieser Ecke.

Die Wohnungen entlang der Zypressenstrasse, der Zurlindenstrasse und der Friedaustrasse fügen sich ohne volumetrische «Kapriolen» in die städtebauliche Grundstruktur des Blockrandes der vorgegebenen Trauf-höhe ein. Selbst die mögliche Ausbildung der «Drittelsregel» für das Attikageschoss wird zu den Strassenräumen hin nicht angewendet. Dies führt zu den ortstypisch ruhigen, aber rhythmisierten Strassenansichten mit prägender Dachrandausbildung, die das mineralische Strassenbild der Blockrandbebauungen im Kreis 3 und 4 auszeichnen.

Die einmalige Gelegenheit, ein vollständiges Blockrandgeviert mit dem inventarisierten Hochhaus zu entwickeln, erlaubt eine moderne, gesamtheitliche Interpretation in Bezug auf die Quartiererhaltungszone. Eine heterogene Nachbarschaft, Bürohäuser aus den 50-er Jahren entlang der Fridaustrasse, ein typischer Wohnungsbau aus der Nachkriegszeit entlang der Zurlindenstrasse und die Fritschiwiese an der Zypressenstrasse werden durch einen auf alle drei Strassenräume hin einheitlichen Wohnungsbau vervollständigt. Die mineralische Grundstruktur des neuen Wohnungsbaus interpretiert zeitgemäss die Anforderung der Quartiererhaltungszone eines Blockrandes.     

 

Im Hofraum werden die Volumetrien zu den inneren Gebäudeecken hin gestaffelt abnehmend ausformuliert und die Ecken tief ausgeschnitten. Dies lässt wahrnehmbare Einzelvolumen zu und soll die Dominanz der in den Hof stossenden Südostecke des Hochhauses relativieren.

«Leichtigkeit» wird zur tragenden Idee für die architektonische Ausbildung dieser inneren Welt. Eine der Fassade vorgestellte Balkonschicht wird zu einer Pufferzone und schafft zusammen mit dem dichten Baumkörper im Hof Distanz und Privatheit zur unmittelbaren Nachbarschaft der Büro-landschaft.   

Grundrisspotpurri mit überhohen Räumen

«Überhohe Räume und grosse Fensterflächen sollen ein grosszügiges Raumerlebnis unter Berücksichtigung der Quartiererhaltungszone ermöglichen.»

Auszug 1.2 Standortanalyse – Nutzungskonzeption

Sämtliche Wohnungen sind auf vier Regelgeschosse und auf ein Attikage-schoss verteilt. Im Erdgeschoss sind zusätzliche 10 Atelierwohnungen entlang der Zurlindenstrasse geplant. Die Schnittdisposition mit einem Attikageschoss anstelle von möglichen zwei Dachgeschossen erlaubt so in den Regelgeschossen lichte Raumhöhen von 2.85 m bei einer max. Gebäudehöhe von 18 m.

Die Vielfalt an Wohnungstypen und die mehrseitig orientierten Wohnungen werden durch die unterschiedlich tiefen Gebäudeteile der zu den Ecken hin abgestuften Volumetrie erreicht. Über mehrspännige Treppenhäuser kann eine hohe Anzahl an zwei- bis dreiseitig orientierten Wohnungen angeboten werden.

 

Atelierwohnungen entlang der Zurlindenstrasse können ebenerdig zur Strasse hin einen selbstverständlichen funktionalen Bezug zu den kleinen Gewerberäumen an der gegenüberliegenden Seite der Zurlindenstrasse herstellen, und zum Hof hin liegen die privaten Schlaf- und Wohnräume im Hochparterre.

Im Attikageschoss, in vorfabriziertem Holzelementbau konstruiert, wird das Angebot an unterschiedlichen Wohntypen durch weitere, spezielle Wohnungen ergänzt. Diese haben alle, bis auf die 1.5 Zimmer Wohnungen, eine vorgelagerte, 2 m tiefe Terrasse über die gesamte Länge der Wohnung.

Freiraumkonzept

Die Blockrandtypologie des Quartiers wird auf dem Baufeld Franz fortgesetzt und das freiräumlich prägenden Prinzip der durchgrünten Innenhöfe und öffentlichen Grünanlagen gestärkt. Das Schutzobjekt Hochhaus Franz unterbricht den Horizont der quartiertypischen Traufhöhen und öffnet durch seine leichte Abdrehung den geschlossenen Blockrand. Die ortsbauliche Auszeichnung des Schutzobjektes wird durch die erhaltene Freistellung des Baukörpers auf der Stadtebene respektiert. Im Hof, der auch als adressierender Zugang funktioniert, wird das Thema des baumbestandenen Feldes ausgespielt. Im nicht unterbauten Bereich sind grosskronige Bäume gruppiert, die für die Bewohner identitätstiftende Wirkung entfalten und für die Stadtökologie von Bedeutung sind. Der chaussierte Belag mit Versickerungsmulden ist im Zusammenhang mit dem integrierten Meteorwassermanagement des Projektes zu sehen, ein Brunnen ergänzt die atmosphärische Qualität dieser geborgen Stadtwelt des Innenhofes. Leicht erhöht wird auf dem erhaltenen Untergeschoss ein Platz mit gefügten Platten errichtet, er dient den Bewohnern und Mitarbeiterinnen als flexibler Nutzungsbereich für Spiel, Event und Aufenhalt. Rückwärtig fördert eine artenreiche Wiese mit Wildstauden die Biodiversität, die integrierten Oblichter des Franz-Hochhauses werden so mit Sorgfalt verortet. Die peripheren Zonen entlang der Strassenzüge folgen der quartiertypischen Struktur mit differenzierten Vorbereichen und Vorgärten. Entlang der Zypressenstrasse sind die Eingangsbereiche durch einen Ma-terialwechsel vom überbreiten Trottoir differenziert (z.B. Beton). Die Gestaltung der Zurlindenstrasse erfolgt mit einer Ergänzung der Baumreihe, einem muralen Sockel mit Geländer und dem dahinter liegenden Vorgarten, der durch eine Hecke privatisiert wird. Diese Disposition ermöglicht auch das angenehme Wohnen im leicht erhöhten Erdgeschoss.

Tragwerk

Das mehrgeschossige MFH ist in Hinblick auf die sich verschärfende An-forderungen betreffend Minimierung des CO2-Abdrucks als eine in dieser Hinsicht optimierte Stahlbetonkonstruktion geplant. Ortbeton mit Low-Carbon-Zement CEMIII wird soweit die Expositionsanforderungen es erlauben (ca. 90% der Konstruktion) verwendet. Durch Vermeidung von Lüftungseinlagen können die Flachdecken auf 24cm Stärke minimiert werden, ohne nutzungseinschränkende, mittragende Wände in den Wohnungen. Nur die aussteifenden Wände der Erschliessungskerne und Fassade sind tragend. Ein nutzungsflexibles Stützen-Platten-Tragwerk mit Auflösung der Wohnungstrennwände in den Obergeschossen in Verbundstützen mit Brandwiderstand R60, mit Gipsständerwänden ausgefacht, erlaubt eine weitere Reduktion des CO2-Abdrucks. Die Flexibilität des Tragsystems zeigt sich in der Weiterführung des Stützenrasters über alle Nutzungsbereiche Wohnen, Ateliers, Laden, Einstellhalle und Untergeschosse. Die Einstellhalle ist u.a. zur Vermeidung von Abfangkonstruktionen grossenteils unter dem Innenhof verlegt. Dort wo sie unter das oberirdische Bauvolumen gelangt, wird die Stützenanordnung des Parkgeschosses im Stützenraster übernommen.

Die strassenseitige Betonfassade aus Ortbetongesims mit Fertigteilstützen ist mittragend. Durch optimiertes Platzieren der nächste Innenstützen kann der Kraftübertrag in das aussenliegende Fassadentragwerk so reduziert werden, dass eine konventionelle vertikale thermische Trennung mit Deckenlagerung über Querkraftdorne möglich ist. 

Gebäudetechnik mit erreichbarem Nachhaltigkeitsstatus

Um einen hohen Nachhaltigkeitsstatus zu erreichen, wird für die Liegenschaft an der Badenerstrasse auf ein schlankes Haustechnikkonzept gesetzt. Die durchdachten Grundrisse und elegante Tragwerksstruktur des Gebäudes führen zu reduzierten grauen Emissionen und unterstützen einen möglichst effizienten Betrieb. Um den unterschiedlichen Nutzungen und Komfortansprüchen gerecht zu werden, werden zonenkonforme Lösungen für Heizung, Lüftung und Klima installiert.

Die Wärmeversorgung erfolgt über Grundwasser-Wärmepumpen, was ein wartungsarmer Betrieb mit tiefen Energiekosten erlaubt. Diese Art der Wärmeerzeugung ist äusserst ökologisch, dank der hohen Effizienz der Wärmepumpe und dem grünen Strom in der Stadt Zürich. Die Konvektoren in den Wohnungen und FanCoils in den Büros benötigen nur eine niedrige Vorlauftemperatur, was der Effizienz der Grundwasser-Wärmepumpe zugutekommt. Neben der benötigten Wärme werden die Räume im Sommer zudem gekühlt, was im innerstädtischen Klima mit dem Wärmeinsel-Effekt immer wichtiger wird.

Das zweite Standbein der Energieversorgung stellen die Photovoltaik-Module auf dem Dach dar. Mit optimierter Auslegung kann ein grosser Teil des Jahresstrombedarfs der Gebäude mit Solarenergie erzeugt werden. Durch eine geschickte Steuerung in Kombination mit Speichermöglichkeiten kann der Eigenverbrauch maximiert werden. Im Hinblick auf die zu-künftig vorherrschende Elektromobilität bieten sich Ladestationen für Elektrofahrzeuge als einfache Lösung zur Nutzung und Speicherung überschüssigen Solarstroms an.