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22.09 / Ersatzneubau Hühnerbühl, Horgen

Studienauftrag 2022

Planungsteam
Auftraggeberinnen Baugenossenschaft Heubach, Horgen
Architektur – op-arch | Sarah Weber, Jan Heidbrink
Landschaftsarchitektur – Albiez de Tomasi Architekten und Landschaftsarchitekten

Visualisierung – indievisual

Projektbeschrieb

Ortsbauliche Integration  |  «same same but different»

Die Bebauungsstruktur entlang der Einsiedlerstrasse ausgangs Horgen Richtung Oberrieden ist von einer starken Heterogenität geprägt. Längs-, Punkt- und Grossbauten zeichnen mit unterschiedlichsten Dachausformulierungen und individuellen Aussenraumgestaltungen das Siedlungsbild. In näherer Umgebung nördlich der Siedlung Hühnerbühl, haben sich in unmittelbarer Nachbarschaft mit der Siedlung Alpenblick, Tannenbach und Strohwies drei weitere Genossenschaften angesiedelt, die sich allesamt ab Mitte des letzten Jahrhunderts hier niederliessen und durch ihre typologisch verwandten Zeilenbauten senkrecht zum Hang eine gewisse Einheit zum Ausdruck bringen. Der ortsbauliche Eingriff, bzw. die ortsbauliche Integration der neuen Siedlung Hühernbühl orientiert sich genau an diesen bereits vorhandenen Strukturen und an der markanten Topografie. Drei kompakte Gebäudekörper ersetzen die bestehende Siedlung, nehmen jeweils situativ Bezug auf die Hanglage, zeichnen volumetrisch die Topografie nach und fügen sich somit behutsam in die umgebende Siedlungsstruktur ein. Die neue Siedlung findet über einen gemeinsamen architektonischen Ausdruck zu einem ruhigen Miteinander unterschiedlicher, aber doch eben stark verwandter Charaktere. In Grundfläche, Höhenlage und volumetrischer Ausformulierung variierend nehmen Struktur, Materialisierung und Farbigkeit der Neubauten einen unmittelbaren Bezug zueinander auf und vermitteln ein «gleich und trotzdem anders».

Gliederung des Freiraums

Über die Disposition der Ersatzneubauten lässt sich der Freiraum typologisch in drei Teilbereiche gliedern. Der Strassenraum, der durchgrünte, private Ruheraum und der Begegnungsraum. Es sind die vorgefundenen Typologien des Bestandes, deren Qualitäten aufgenommen, weitergetragen und thematisiert werden. Der Strassenraum der Einsiedlerstrasse wird geprägt von der Vegetation der Vorgärten mit Stützmauern, dienenden Nutzungen wie Parkplätzen und Vorplätzen für das Kleingewerbe. In dieser Art und Weise nehmen die Hauptzugänge, die Vegetation mit Baumgruppen und Blumenwiesen, Stützmauern und Besucherparkplätzen diesen Charakter auf und führen ihn weiter. Der durchgrünte Ruheraum ist über die Wohnnutzung im Erdgeschoss direkt zugänglich und wird über eine Blumenwiese, durchsetzt mit Obstbäumen und Wildsträuchergruppen zu einem kontemplativen Raum. Der Begegnungs- bzw. kollektivgenutzte Freiraum im Südwesten profitiert von seiner Orientierung betreffend Besonnung und gibt aufgrund seiner erhöhten Lage den Blick frei in die Weite Richtung Osten und den Zürichsee. Hier trifft man sich, spielt Ping Pong, sandelt im Sandkasten, hält einen Schwatz unter der Pergola oder beobachtet das Gedeihen vom Gemüse in den Pflanzbeeten. Ein Garten also - für Flora, Fauna, Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren.

Die Siedlung – die Häuser – das Haus

Der Siedlungsidee liegt ein ortsbauliches Konzept für eine Wohnüberbauung mit Fokus auf Funktionalität und kostengünstigem Bauen, unter Einbezug von sozialbedeutsamen Themen, der Berücksichtigung von Aspekten der Nachhaltigkeit und nicht zuletzt der genossenschaftlichen Form des Zusammenlebens zu Grunde. Die drei Häuser sind an der Einsiedlerstrasse adressiert. Die Eingangshallen sind jeweils gekoppelt mit Siedlungsnutzungen wie dem Quartierladen, dem Gemeinschaftraum und dem Zugang der Parkierungsanlage, die auch benachbarten Siedlungen zur Verfügung steht. Der unterirdische Gebäudeteil fällt aufgrund der hohen Zahl geforderten Parkplätze überdurchschnittlich gross aus. Es gelingt dennoch die Parkierung kompakt unterhalb der beiden Häuser A und B so anzuordnen, sodass der komplette westliche Bereich des kollektiven Gartens nicht unterbaut ist. Dies bietet für die Retention ein breites Feld an Lösungsansätzen und begünstigt die Pflanzung von Bäumen, die ungehindert wachsen können. Aus den Unterlagen des geotechnischen Berichts ist zu entnehmen, dass mit zahlreichen Herausforderungen, die der Baugrund mit sich bringt zu rechnen ist. Selbstverständlich muss in einem nächsten Planungsschritt gerade das Thema des unterirdischen Bauwerks grundsätzlich und detailliert studiert werden. Jedes Haus verfügt über ein grosszügiges zentrales Treppenhaus, welches über Oblichter mit Tageslicht versorgt wird und halbgeschossig 2 bis 4 Wohn-, bzw. Nutzeinheiten erschliesst. Die «Hobbyräume» sind in das System eingebettet und können bei Bedarf als zusätzliche Wohnfläche oder als Zimmer mit eigenem Bad zugemietet werden. Hangseitig gewährleistet ein weiterer Ausgang die Anbindung an den kollektiven Freiraum. Alle Wohnungen verfügen dadurch über einen direkten Zugang in den Siedlungsgarten, der gleichsam von Seite Einsiedlerstrasse schwellenfrei erschlossen ist. Das Innenraumkonzept der Wohngeschosse übernimmt die Thematik der Schichtung: Um die zentral angeordneten Erschliessungskerne und Badezimmer verlaufen als kontinuierliche Raumschicht die Wohnräume, einzig strukturiert durch einen Stützenraster mit kleinen Spannweiten. Die serielle Raumstruktur lässt sowohl während der Planung wie auch in Zukunft Adaptionen der Grundrisse und des Wohnungsschlüssels zu. Ausschliessliche Verkehrsflächen sind minimal. Die an diesem Ort eher unerwartete Grundrisstypologie, orientiert sich selbstverständlich an den im Programm formulierten Anforderungen für die Wohnungen, und lässt Reaktionen auf die situationsspezifischen Qualitäten zu. So sind dies die optimale Ausrichtung der Gebäude bezüglich Besonnung, der direkte Bezug zum grossen zusammenhängenden kollektiven Freiraum und nicht zuletzt die Weitsicht. Alle Wohnungen profitieren von diesen lagebedingten Vorzügen, welche insbesondere unterstützt mit durchlaufenden liegenden Fenstern im Innenraum spürbar gemacht werden.

Klima und Biodiversität

Das Projekt sieht vor, alle verfügbaren Spielräume zu nutzen um Antworten auf übergeordnete Fragen an unsere Siedlungsgebiete, wie z.B. zur Biodiversität, Hitzeminderung und Kühlung zu finden. Die nicht unterbauten Flächen sind maximiert und so weit möglich unversiegelt und mit Bäumen oder Sträuchern bepflanzt. Eine gezielte Auswahl verschiedener einheimischer Pflanzenarten auf Niveau Boden aber auch auf den Dächern bietet Tieren Nahrung und Habitat. Dadurch wird nicht nur eine hohe Artenvielfalt der Flora angestrebt, sondern auch jene der Fauna gefördert und unterstützt. Zusätzliche Element wie z.B. Benjeshecken die entlang des Hühnerbühlwegs den kollektiven Freiraum fassen dienen diesem Vorhaben. Extensive Dachbegrünung unter den PV-Anlagen auf den grossen Dächern fördern die Biodiversität am Standort und machen eine Vernetzung für Insekten und Pflanzen mit den umliegenden Grünflächen möglich. Entsiegelte Vorbereiche und die Beschattung der Strasse mit Hilfe von Baumgruppen entlang der Einsiedlerstrasse sorgen für eine effiziente Absorption von Wärme an heissen Tagen. Die dreigeschossigen Häuser gewähren zudem der sich hangabwärts bewegenden Kaltluft freies Strömen und begünstigen gleichsam die klimatischen Verhältnisse im bebauten Umfeld.

weiche Schale – harter Kern

Zentral angeordnete Erschliessungskerne aus Ortbetonwänden und -podesten sorgen für die horizontale Aussteifung der Gebäude. Darum herum ist die Nutzschicht mit einem primären Tragwerk in Holzbauweise angedockt. Es besteht aus einem Stützen-Platten-System basierend auf geringen Spannweiten, welches einen Holzelementbau zulässt, der eine Konstruktion in Trockenbauweise ohne formverleimte Holzbinder ermöglicht. Die Konstruktion baut eine modulare Raumstruktur auf, die «flexible» Wohnungslayouts zulässt und im Raum zum Ausdruck kommt. Ein mineralischer Fliessanhydrit bildet die oberste Bodenschicht. Sie dient dem inneren Schallschutz und als passiver Wärmepuffer, der sich positiv auf die Behaglichkeit auswirkt. Die nicht tragenden Holzständer-Leichtbauwände zwischen den Zimmern und Wohnungen dienen als Installationsschicht.

Energie und gesundes Wohnklima

Die Baukörper weisen eine sehr gute Kompaktheit auf. Der tiefe Heizwärmebedarf wird mit gut gedämmten Bauteilen und der konsequenten Lösung von Wärmebrücken erreicht. Die Anordnung der Wohnräume erlaubt den hohen Eintrag von Tageslicht. Der sommerliche Wärmeschutz wird durch aussenliegende Verschattungselemente oder entsprechende Speichermassen in Kern und im Boden sichergestellt. Die Anforderungen an den internen Schallschutz werden durch entsprechend dimensionierte Wände und Deckensysteme erreicht. Die zum Einsatz kommenden baubiologisch einwandfreien Materialien stellen betreffend Feuchtigkeits- und Wärmehaushalt sehr gute Voraussetzungen dar. Die gute Raumluftqualität wird mittels hocheffizienter Komfortlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sichergestellt. Auf dem Dach sorgt eine gosszügige PV-Anlage für die Deckung von einem Grossteil des jährlichen Strombedarfs. Warmwasser und Heizung werden über Erdsonden Wärmepumpen erzeugt.

Erstellungskosten und Bauökologie

Neben einem niedrigen Ressourcenaufwand im Betrieb und einem flexiblen Grundriss ist im Sinne des nachhaltigen Bauens auch ein möglichst geringer Ressourcenaufwand für die Erstellung, den Unterhalt sowie den Rückbau der Gebäude anzustreben. Die kompakten Baukörper mit angepassten Spannweiten und die geradlinigen Tragstrukturen sind dieser Optimierung zuträglich. Durch die gezielte Wahl der Baustoffe mit Recycling-Beton und nachhaltig zertifiziertem Holz sowie einem optimierten Glasanteil in den Fassaden ist ein wirtschaftliches und ressourcenschonendes Projekt möglich. In Hinsicht auf die Ressourcensuffizienz werden die Oberflächen nur soweit veredelt, wie technisch notwendig. Damit das Gebäude auch den bauökologischen Anforderungen des modernen Bauens entspricht, kommen nur unbedenkliche, schadstofffreie Materialien zum Einsatz.